Nach einem langen Winter mit fersenspornbedingter Pause konnte ich erst Ende Februar wieder vorsichtig mit dem Laufen anfangen. Die im Herbst 2016 aufgebaute Kondition war völlig weg und ich schleppte mich beim ersten Versuch über knapp vier Kilometer.
Das Frühjahr verbrachte ich mit langsamer Aufbauarbeit. Primär um zu beobachten wir die Ferse reagiert. Interessanterweise machte die Ferse in diesen Wochen kaum Problem. Dafür war meine Kondition eine absolute Katastrophe. Insgeheim hatte ich mit einem Start bei einem der ersten drei Läufe beim Denzer Cup geliebäugelt oder an einer Teilnahme am Genusslauf.
Doch aufgrund von geschäftlichen Terminen wurde mein Aufbautraining immer wieder unterbrochen, so dass ein Zehnkilometerlauf zu früh gekommen wäre. Über Pfingsten wäre sicherlich der ein oder andere Lauf möglich gewesen, aber da hatte ich schon meinen Urlaub in Andorra gebucht.
Eine Woche auf 1700 Meter (und höher) und jeden Tag sportliche Aktivitäten hatten sicherlich einen positiven Aspekt auf meine Leistungsfähigkeit. Dies bemerkte ich speziell beim Radfahren: 70 Kilometer und 2016 noch „unbezwingbare“ Schwarzwaldberge waren jetzt möglich. Da die Ferse auch nach längeren Wanderungen in den Pyrenäen sich nur moderat meldete, war für mich klar, dass das Laufrenncomeback bald erfolgen musste.
Der Blick auf den regionalen Laufkalender zeigte zwei Möglichkeiten auf:
Der Lauf an der Wutach in Reiselfingen über zehn Kilometer und durch hügeliges Gelände
oder
Die Freiburger Laufnacht über 5,5 Kilometer durch die Altstadt von Freiburg.
Sollte das erste Rennen seit September gleich wieder über 10 Kilometer und relativ anspruchsvolles Gelände gehen? Am Abend vor einer Geschäftsreise? Oder doch lieber die kürzere Strecke vor großer Kulisse in Freiburg zwei Tage nach der Rückkehr? Im Endeffekt entschied ich mich für beide Rennen. Samstagabend Reiselfingen und sechs Tage später Freiburg.
Nach knapp 250 Trainingskilometern war es also am Samstag soweit. Auch letztes Jahr war mein 10 Kilometer Renndebut in Reiselfingen. Nicht nur aufgrund der Nähe zu meinem Geburtsort ist der Lauf an der Wutach erste Wahl für mich. Im Gegensatz zu 2016 waren die Tage vor dem Rennen sehr trocken, so dass man direkt am Sportplatz, wo man von der Feuerwehr platzsparend eingewiesen wurde, parken konnte.
Vor dem Rennen stärkte ich mich noch mit Kaffee und Zopf bei „Muttern“. In Reiselfingen kam ich etwa 30 bis 40 Minuten vor dem Startschuss an. Da ich mich vorab per Mail angemeldet hatte, bekam ich meine Startnummer in weniger als einer Minute. Zehn Euro Startgebühr zahlen, Namen sagen, zack fertig. Die Zeit bis zum Startschuss verbrachte ich mit Dehnungsübungen für die Ferse und ohne größeres Warmlaufen. Meine Erfahrungen mit Warmlaufen sind ja bekanntlicherweise nicht die Besten. Rund um den Startbereich erkannte ich ein paar bekannte Gesichter von den Rennen des Denzer Cups 2016.
Bei etwa 23 Grad herrschten beste Laufbedingungen. Laut Ansager würden wir auf dem ersten Streckenabschnitt (bergab) Rückenwind haben und dann beim Anstieg zum Ziel Gegenwind. Die Windeffekte hielten für mich aber ziemlich in Grenzen.
Als Punkt Fünf der Startschuss ertönte, hatte ich mich üblich ganz am Ende des Feldes eingereiht. Die Gefahr zu schnell zu laufen ist in der Mitte des Feldes deutlich höher als hinten. Außerdem würde die Strecke unendlich viele Möglichkeiten zum Überholen bieten, sollte dies nötig sein. Primäres Ziel für mich war „ankommen“, dass die 56:52 aus dem Vorjahr unerreichbar sein würden, war aufgrund der Trainingszeiten klar. Unter 65 Minuten vielleicht?
Ich begann das Rennen ganz bewusst mit angezogener Handbremse, was natürlich auf leicht abfallender Strecke nicht so schwer ist. Ich wurde auf dem ersten Kilometer noch von einigen Läufern überholt, aber in Reiselfingen muss man bei Kilometer Acht noch Körner haben. So trabte ich die ersten beiden Kilometer mit einer Pace von 5:30/5:25 los und befand mich am Ende einer etwa achtköpfigen Gruppe. Als die Strecke flacher wurden, konnte einige in der Gruppe das hohe Tempo nicht halten und fielen zurück.
Zwischen Kilometer Drei und Sechs galt es das Tempo zu halten ohne in den roten Bereich vorzustoßen. Hier sollte vor allem eine kurze Rampe mit zweistelligen Steigungsprozenten bei Kilometer 4,9 eine Zäsur darstellen. Ich nahm die Rampe im normalen Tempo, da sie nur 250 Meter lang war. Für die anderen Läufer in meiner Gruppe war das nicht möglich, so dass ich die Gruppe nach vorne verließ. Die Pace hatte sich bis zur Rampe zwischen 5:39 und 5:45 bewegt. Von nun an bis ins Ziel sollte meine Pace über 6:00 liegen.
Direkt nach der Rampe gab es eine erste Verpflegung, wo ich dankbar einen Becher Wasser annahm. Die nächsten drei Kilometer verliefen recht wellig auf einem sehr angenehm zu laufenden Waldweg. Bei Kilometer 5,5 schloss ich zu einer Dame auf, die ein sehr gutes, konstantes Tempo lief und der ich bis Kilometer 8 Gesellschaft leistete. Ich versuchte auch Führungsarbeit zu übernehmen, konnte dann aber das Tempo nicht halten.
Bei Kilometer 7,5 – also kurz vor dem Schlussanstieg – gab es eine weitere Verpflegung und somit einen weiteren Becher Wasser. Vom Vorjahr wusste ich, dass der Schlussanstieg bei diesem Rennen die Würfel nochmals komplett durchmischt. Von Kilometer 8,5 geht es leicht, aber beständig bis ins Ziel bergauf. Wer jetzt keine Kraft mehr hat, leidet. Naja, eigentlich leidet man bei diesem Anstieg immer, aber es ist sicher angenehmer, wenn man noch ein paar Körner übrig hat.
Beim Verlassen des Waldes (Kilometer 8,0) sieht man links oben bereits das Ziel beim Sportplatz und hört den Ansager. Vor einem überblickt man den ganzen Anstieg: Erst recht flach Richtung Norden, dann 90 Grad Richtung Westen wird es steiler, dann zurück Richtung Südwesten das steilste Stück und am Ende die leicht ansteigende Zielgerade.
Ich war immer noch im Tandem mit der besagten Dame unterwegs und wollte im Berg nochmal alles geben, da ich mich gut fühlte. In gehörigem Abstand vor mir lief ein weiteres bekanntes Gesicht vom Denzer Cup. Aber eigentlich unerreichbar weit weg. Den Kilometer vor dem Berg betrug meine Pace 6:12, im Berg konnte ich diese dann auf 6:00 bzw. 5:53 steigern.
Meine Tandempartnerin konnte mein Tempo nicht mitgehen und ich überholte relativ bald auch zwei Herren, die ich von der Anfangsphase wiedererkannte. Bei Kilometer 9 überholte ich schließlich einen Läufer, der unüberhörbar läuft und den ich auch schon von diversen Rennen in der Region kannte. Inzwischen war die Vierergruppe mit dem bekannten Gesicht nicht mehr soweit weg. Es zeigte sich wieder einmal, dass meine Stärken definitiv beim Bergauflaufen liegen – während die meisten Mitläufer just in diesem Bereich Probleme bekommen. Auf der Zielgerade schluckte ich dann noch ein Mitglied der Vierergruppe und kam mit einer Zeit von unter 59 Minuten an.
In Anbetracht der langen Verletzung war der Lauf an der Wutach 2017 vielleicht eines meiner schönsten Rennen. Ich hatte keinerlei Erwartungen und lief ein wirklich tolles Rennen: deutlich unter der errechneten Zeit und auch taktisch von Anfang bis Ende „sehr gut“. Im Ziel wartete ich dann auf meine Tandempartnerin und bedankte mich artig für ihre Führungsarbeit. Glücklicherweise war sie nicht sauer, weil ich kaum Führungsarbeit leisten konnte.
Im Ziel könnte ich mir dann noch ein Steak und einen Radler. Eigentlich wollte ich noch bis zur Siegerehrung und der Verlosung von Preisen warten, aber ich wollte angesichts der anstehenden Geschäftsreise nicht bis 19 Uhr warten.
Fazit:
Reiselfingen ist eine Reise wert! Nicht nur wegen Frauenfußball und den besten Schnitzel der Region im Gasthof Krone. Der Lauf an der Wutach ist ein Volkslauf wie er sein soll. Gefühlt ist das ganze Dorf auf den Beinen, um Startnummer zu verteilen, Parkende einzuweisen, die Strecke abzusperren, Verpflegungsposten im Wald aufzubauen oder um Steaks zu grillen und Kuchen zu verkaufen. Ich mag diese Art Veranstaltung sehr und unterstütze die einheimischen Vereine, die auf derartige Einnahmen angewiesen sind gern. Auch im Jahr 2017 war der Lauf bestens organisiert und es gab nichts auszusetzen. Für mich war es der ideale Wiedereinstieg in die Laufszene nach der langen Verletzungspause. Dass ich die Strecke vom Vorjahr kannte (es gab nur eine kleine Änderung), war für meine Rennplanung sehr hilfreich. Die letzten zwei Kilometer sollte man auf keinen Fall unterschätzen, auch wenn es sich nur um einstellige Steigungsprozente handelt.
Fakten:
- 10,0 Kilometer Rundkurs (asphaltierte Feldwege und bequeme Waldwege – kurze Strecke Naturpfad über Wiese)
- 190 Meter Höhenunterschied
- Höchster Punkt: 783 m
- Tiefster Punkt: 706 m
- Automatische Zeitmessung
- Verpflegung zweimal unterwegs und bei Start/Ziel
- Parkplätze direkt bei Start/Ziel am Sportplatz Reiselfingen
- Startgebühr € 10
Ausrichter: FC Reiselfingen
Ergebnis Frauen:
1. Hanna BÄCHLE (46:19)
2. Marina Schafbuch (48:26)
3. Martina Fleig (46:28)
Ergebnis Männer:
1. Peter T. FANE (34:07)
2. Pekka Roppo (34:38)
3. Marcel Schmid (36:11)
Mein Ergebnis:
– 58:39 (brutto, manuell) / 58:42 (netto, offiziell)
– Pace 5:52
– Altersklasse 8. von 9. Teilnehmern
– Insgesamt 77. von 107 TeilnehmerInnen
18/07/2017 at 06:51
Na, das klingt doch nach einem gelungenen Wiedereinstieg. Super! Hoffentlich geht’s für dich jetzt ohne Verletzungspech weiter! Ich drücke die Daumen für weitere tolle Läufe.
Viele Grüße
Katja
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18/07/2017 at 21:44
Hallo Katja, ging bis letzte Woche in der Tat sehr gut. Jetzt wieder ein Rückschlag. Ich hoffe, dass ich es aber diesmal besser unter Kontrolle bekomme…
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19/07/2017 at 06:56
Oh nein, so ein Mist! Nicht unterkriegen lassen!
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