Wie ihr beim Lesen sicher bereits gemerkt habt, mutierte ich im Sommer 2016 endgültig zum Volkslauffreak. Ergo musste die Lücke von fünf Wochen ohne Rennen im Sommer irgendwie gefüllt werden. Letztendlich wurde ich in einem Laufkalender fündig und die Wahl fiel auf den am letzten Augustwochenende stattfindenden Wehratallauf – mein insgesamt zehntes Rennen!
Vom Ort Wehr hatte ich freilich zuvor gehört, aber aufgrund der Lage auf der „anderen Seite“ des Feldberges war mir die Gegend völlig unbekannt. Laut Google Maps braucht man knapp eine Stunde, um die 60 Kilometer von meinem Wohnort dorthin zu bewältigen. Die Webseite des Laufes war sehr ansprechend und die Organisation klang ebenfalls gut. Dass es für Voranmelder ein Gratis-Laufshirt gab war ein weiteres Leckerli. Da aus meiner Perspektive Wehr im Flachland liegt, sollten die zehn Kilometer trotz Hochsommer kein Problem darstellen. Aber dazu später mehr.
Wie an anderer Stelle bereits erwähnt war mein Hauptziel für 2016 die Teilnahme am Halbmarathon in Bräunlingen im Oktober. Deshalb standen die Wochen nach dem Lauf in Schönwald auch ganz im Zeichen der „langen Dauerläufe“. Am Dienstag vor dem Wehratallauf war ich dann auch erstmals 100 Minuten ohne Gehpause (knapp 16 Kilometer) unterwegs. Da noch zwei Monate bis zum Halbmarathon verblieben, lief hier alles nach (Trainings)Plan.
Zum Wehratallauf wollte mich meine Schwester begleiten. Dies bedeutete zwar eine etwas längere Anfahrt, aber aufgrund der Startzeit Samstag 16 Uhr kein wirkliches Problem. Moralische Unterstützung vor und nach dem Rennen ist immer gut. Freilich bedeutete die Begleitung auch, dass ich meine Standardrituale bei der Vorbereitung zu Hause nicht wie üblich durchziehen konnte. Wir fuhren bei hochsommerlichem Wetter von der Baar über den Schluchsee in den mir zum Großteil völlig unbekannten Hotzenwald und passierten Ortschaften von denen ich noch nie gehört hatte. Nach knapp 90 Minuten kamen wir schließlich in Wehr an. Parkplätze direkt am Stadion waren Mangelware, da auch das naheliegende Schwimmbad sehr gut besucht war. Wir fanden dann aber schließlich im Wohngebiet nebenan einen legalen Parkplatz.
Nach dem Aussteigen wollte ich wie üblich Kleidung und Schuhe wechseln, aber aus irgendeinem Grund waren die Laufschuhe nicht an ihrem Ort. Selbst nach intensiver Suche mussten wir konstatieren, dass die Laufschuhe tatsächlich nicht an Bord waren und die Reise ins Wehratal nicht angetreten hatten. Üble Sache! Einige mittlere und große Läufe (Bräunlingen oder Sankt Georgen) bieten neben Lauf auch noch eine kleine Lauf(verkaufs)messe an. Vielleicht würde es dies ja auch in Wehr geben und ich konnte mir eiligst neue Schuhe kaufen? Doch leider Fehlanzeige und es gab auch keine Zeit mehr in die Stadt zu fahren, um dort nach Laufschuhen Ausschau zu halten. Es gab also nur noch zwei Optionen – unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren oder den Lauf in Straßenhalbschuhen absolvieren. Ich entschied mich für Option B und zog den Lauf durch. Es kann spekuliert werden inwiefern schlechtes Schuhwerk die später auftretende Verletzung beeinflusste. Auch meine bis dato benutzen „Laufschuhe“ waren keineswegs hochwertig, sondern einfach nur ein paar billige Asics Turnschuhe, die ich von früher quasi unbenutzt rumliegen hatte. So viel kann verraten werden, während und direkt nach dem Lauf hatte ich keine direkten negativen Auswirkungen der Straßenschuhe.
Nach dem ersten Schuhschock ging ich zur Anmeldung, um Startnummer und das hochwertige Laufshirt der Lauffreunde Wehratal in Empfang zu nehmen. Alleine wegen dem hochwertigen Laufshirt hatte sich die Teilnahme schon gelohnt – ich trage es heute (ein Jahr später) immer noch sehr gern und oft. Nach dem unerwarteten Stress hatte ich die hochsommerlichen Temperaturen (33,3 Grad beim Start) nur am Rande registriert. Der Start des Rennens lag auf etwa 370 Meter Höhe und dementsprechend war es viel heißer und drückender als in der Heimat auf knapp 900 Meter Höhe. Es hieß also Kräfte einteilen und mit angezogener Handbremse laufen, um einen Einbruch wie in Emmendingen zu vermeiden. Das Terrain sah bei näherer Betrachtung zwar nicht mehr ganz nach „Flachland“ aus, aber man würde ja wohl nicht über den nahegelegenen Berg laufen? Laut Ausschreibung sollte die Höhendifferenz ja nur 87 Meter betragen und was bedeutet hier im Flachland schon „anspruchsvoll“.
Kurz vor 16 Uhr verließen die Teilnehmer das Stadion, überquerten die Wehra und nahmen zum Start Aufstellung. Hier knallte die Sonne und es war klar, dass es eine Hitzeschlacht werden würde. Persönliches Ziel (insbesondere in Halbschuhen laufend) war deshalb irgendwie ankommen ohne jegliche Zeitvorstellung. Um Punkt 16 Uhr erfolgte der Startschuss und ich reihte mich gemütlich in den letzten Reihen des Starterfeldes ein. Der erste Kilometer entlang der Wehra war dann auch in der Tat gemütlich und leicht ansteigend genau nach meinem Geschmack. Die Pace von 6:15 passte dazu. Nach dem einen Kilometer gab es nur zwei Möglichkeiten wie die Strecke weiterging – geradeaus flach ansteigend oder links abknickend steil einen Berg hoch. Es wurde die Variante Berg.
Dankenswerterweise verlief diese erste Steigung komplett im Schatten. Auf etwa 800 Metern Strecke waren knapp 50 Höhenmeter zu bewältigen. Knackig, aber im Vergleich zum Rennen in Schönwald drei Wochen zuvor, nicht besonders steil. Die Pace sank logischerweise auf 7:07 und bei Kilometer 2,5 war bereits der höchste Punkt der Strecke erreicht. Auf dem Weg zurück ins Stadion sollten wir ein weiteres Mal hier vorbeikommen. Aber eine der beiden topographischen Herausforderungen lag nun hinter uns. Von Kilometer 2,5 bis Kilometer 5,6 ging es eigentlich stetig leicht bergab, aber ich musste der Hitze beim Verlassen des Waldes (Kilometer 2,7) Tribut zollen. Beim Passieren des Dorfes Hasel (Kilometer 3,5 bis 4) boten Einwohner zwar Duschen mit Wasserschläuchen an, aber die Hitze zog trotz Verpflegung die Energie im Rekordtempo aus dem Körper. Trotz der abfallenden Strecke blieb meine Pace zumeist über 6:00, aber es war heute einfach nicht mehr drin. Auf diesem Abschnitt lief ich auch an einem zusammengebrochenen Läufer vorbei, der bereits vom Notarzt versorgt wurde. Es kam an diesem Tag wohl zu mehreren Zusammenbrüchen, weshalb der Lauf 2017 morgens und nicht mehr nachmittags stattfindet.
Es kam wie es kommen musste und der Berg vom Anfang der Strecke musste erneut „überlaufen“ werden. Die zweite Überquerung stand aber unter völlig anderen Vorzeichen: die allermeisten Läufer waren durch die Hitze bereits im roten Bereich und der Anstieg lag fast komplett in der Sonne. Außerdem zog sich der Anstieg über satte zwei Kilometer hin. Die meisten Passagen waren zwar relativ flach, aber man musste doch sehr mit dem inneren Schweinehund kämpfen. Trotz allem bewältigte ich den Berg relativ gut indem ich eine gleichmäßig, langsame Schrittfrequenz wählte. Als dann aber kurz vor dem Gipfel hinter einer Kurve eine 22 % Rampe auftauchte, musste ich mich geschlagen geben und wechselte stöhnend ins Gehen. Die Pace für diese drei harten Kilometer lag um beziehungsweise jenseits der sieben Minuten.
Die letzten zweieinhalb Kilometer waren dann wieder bergab beziehungsweise flach, aber mein Akku war leer. Es gab zwar keinen Zweifel, dass ich das Ziel erreichen würde, aber ich musste trotz der leichten Topographie kämpfen. Zunächst ging es noch einen Kilometer an der Wehra entlang, bevor die Läufer auf die Laufbahn des Frankenmattstadions einbogen. Es war mein erster Kontakt mit einer Laufbahn seit der Oberstufe. Hier wurden alle Läufer vom Sprecher angesagt und von den Zuschauer angefeuert. Ein wirklich sehr schönes Erlebnis bei dem man die Strapazen des Rennens fast vergessen konnte. Meine Endzeit lag bei knapp über 67 Minuten (mein mit Abstand langsamstes Rennen), aber die Zeit war an diesem Tag wirklich irrelevant.
Im Ziel wurde ich schon von meiner Schwester erwartet und nach kurzer Zeit ging es mir schon deutlich besser. Die Straßenschuhe hatten mir in der Tat während des Rennens keinerlei Probleme bereitet, aber ob sich das Ganze mittelfristig auf die Entstehung des Fersensporns ausgewirkt hat, wird man nie genau wissen. Bei einem Radler gab es noch ein bisschen Erfahrungsaustausch mit Läufern aus dem Wehratal bevor wir uns auf die lange Rückfahrt auf die Baar machten.
Fazit:
Ich fuhr nach Wehr, um mein Sommerlaufloch zu füllen, aber es sollte eine in jeder Hinsicht denkwürdige Veranstaltung werden. Zwar in sportlicher Sicht sehr mager, aber wer bestreitet schon in brütender Hitze einen Zehnkilometerlauf über zwei Berge? Im Endeffekt bin ich sehr stolz die Herausforderung angenommen und bestanden zu haben. Der Wehratallauf ist eine sehr schöne und toll organisierte Veranstaltung. Für die 12 Euro Startgeld wird eine Menge geboten. Da kann ich auch leicht über die recht lange und anstrengende Anfahrt hinwegblicken. Ich werde deshalb wohl auch 2017 die Herausforderung Wolftristkopf annehmen – nicht nur wegen dem tollen Laufshirt. Vielleicht trifft man ja auch den ein oder anderen bekannten Twitter-Sportler aus der nahen Schweiz oder dem Grenzgebiet?
Fakten:
- 10 Kilometer Rundkurs (Start und Ziel nicht ganz identisch. Überwiegend asphaltierte Feldwege und Waldwege mit unterschiedlichem Untergrund)
- 227 Meter Höhendifferenz
- Höchster Punkt: 453 m
- Tiefster Punkt: 360 m
- Automatische Zeitmessung
- Verpflegung unterwegs und bei Start/Ziel
- Parkplätze direkt am Stadion oder im angrenzenden Wohngebiet (weiter zu Fuß zu Start/Ziel)
- Startgebühr € 12 (inklusive Laufshirt solange der Vorrat reicht)
Ausrichter: Lauffreunde Wehratal
Ergebnis Frauen:
1. Stephanie MORATH (46:01)
2. Karin Zingg (46:24)
3. Nicole Moscioni (48:06)
Ergebnis Männer:
1. Omar TAREQ (35:41)
2. Andreas Probst (36:19)
3. Abelom Kufulu (36:55)
Mein Ergebnis:
– 1:07:07 (brutto, manuell) / 1:07:10 (netto, offiziell)
– Pace 6:39
– Altersklasse 20. von 23. Teilnehmern
– Insgesamt 206. von 260 TeilnehmerInnen
09/02/2018 at 11:37
Geil, nen Lauf in Straßenschuhen… Respekt!!!
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09/02/2018 at 19:48
Ja, das war legendär…
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