Mit einer sehr guten Zeit beim Allmendlauf in Teningen begann das Jahr 2020 noch relativ normal. Ein erstes läuferisches Projekt für 2020 war die Etablierung eines parkruns in Freiburg.

Die Idee der parkruns war mir zuvor unbekannt, aber über einen Laufkumpel bekam ich davon Wind und nahm am 15. Februar bei einem Testlauf im Freiburger Dietenbachpark teil. Der Test zur Streckenfindung verlief gut und die Premiere war für Ende März vorgesehen. Durch den Ausbruch der Pandemie wurde die Premiere auf unbestimmte Zeit verschoben. Mittlerweile ist der parkrun in Freiburg voll etabliert und hat über 100 Ausgaben auf dem Buckel. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt noch detailliert von dieser sehr schönen Veranstaltung berichten.
Dietenbach Park Freiburg

Während in Taiwan schon Ende des alten Jahres vor einer „mysteriösen Lungenkrankheit“ in Wuhan gewarnt wurde, machte das Virus in Europa erst Mitte Februar Schlagzahlen. Von da an überschlugen sich aber die Ereignisse. Beim Durchschauen meines Fotoarchivs werden Erinnerungen an diese so noch nie erlebte Zeit wach:

28. Februar – Fotos von vollen Nudel-, Milch- und Mehlregalen im Dorf-Edeka. In vielen Teilen des Landes gab es bereits Hamsterkäufe.
7. März – die schlechten Nachrichten bezüglich der Pandemie häufen sich. Ich verfolge das Spiel SC Freiburg – Union Berlin trotz Dauerkarte nur im Liveticker. Öffentliche Verkehrsmittel leeren sich schlagartig.
März 2020

15. März – die WHO hatte die Pandemie ausgerufen; die Kanzlerin warnt -> ich fahre am Sonntag ins Büro und baue meinen Arbeitsplatz ab (ohne grünes Licht vom Vorgesetzten). Eine lange Phase des Home Office beginnt.
16. März – Medikamente werden knapp und erst nach längerer Odyssee finde ich eine Apotheke, die das für mich lebenswichige Thyroxin noch besorgen kann.
20. März – im Amtsblatt annonsieren diverse Restaurants „Essen zum Abholen“. Bereits über 3000 Tote in Norditalien.
Ende März – Einer der erste Todesfälle in Freiburg ist jemand aus dem Bekanntenkreis eines Familienmitglieds. Es sollten noch drei weitere Fälle mir „Bekannter“ folgen. In der Folge deutlich stärkere Kontaktreduzierung im Familienkreis. Für mich bedeutet das Isolation, viele Wanderungen, Läufe und Spaziergänge in der nächsten Umgebung.
April 2020

Zwischen dem 18. März und 4. Mai war ich jeden Tag „aktiv“; meine mit Abstand längste Streak bisher. Es gab 2020 noch eine Streak von 13 und 10 Tagen.
9. April – endlich (Stoff)masken! Ein Twitterkontakt hatte welche genäht und für den guten Zweck verkauft. Richtige Masken sollten noch länger Mangelware sein.
18. April – die gesamte Sportwelt liegt brach! Nicht ganz – in Taiwan (wo man nach früheren SARS-Ausbrüchen seine Hausaufgaben gemacht hatte) gibt es kein Corona und man spielt Baseball. Die ganze Welt schaut zu und es ist einer meiner wenigen Kontakte zur Außenwelt.
April 2020

Wie schon früher erwähnt, war die Reise nach Taiwan Ende 2019 bzw. der dort absolvierte Chinesischkurs ein Indiz, dass ich meinen damaligen Job nicht ewig weiter machen würde. Deshalb hatte ich mich Mitte Februar auf eine Stelle im kommunalen Umfeld meiner Heimatstadt beworben. Aufgrund meiner Magisterarbeit, in der ich die Stadt beleuchtete, rechnete ich mir ganz gute Chancen aus. Interessanterweise waren nächste Familienmitglieder nicht halb so von der Bewerbung begeistert wie ich. Sie hatten da wohl bessere Einblicke hinter die düsteren Rathausmauern bzw. den Mief dort, als ich.

Am 23. April war ich dann aber tatsächlich beim Stadtoberhaupt und Stelleninhaber unter surrealen Corona-Bedingungen im Rathaus zum Bewerbungsgespräch. Ich schaffte es in die finale Auswahlrunde und durfte wenig später unter noch surrealeren Bedingungen vor dem versammelten Gemeinderat in der Festhalle zur Audienz antreten. Ich machte meine Sache wohl ganz gut, aber das Stadtoberhaupt hatte andere Präferenzen. Rückblickend bin ich sehr froh den Job nicht bekommen zu haben; Stichwort vom Regen in die Traufe. Interessant ist aber, dass einige meiner Ideen in den folgenden Jahren vor der Stadt aufgegriffen worden.
April 2020

Es wurde also vorerst nichts mit einem neuen Job, aber für mich war klar dass ich etwas ändern muss, da mir die Probleme bei der Arbeit immer mehr über den Kopf wuchsen.

Für die dringend nötige Abwechslung sorgten Läufe und Wanderungen in der näheren Umgebung. Nicht selten wanderte ich nach der Arbeit noch ins Nachbardorf und zurück (15 km). 2020 sollte auch das Jahr mit den meisten Laufkilometern werden. Da aufgrund der sich weiter nicht entspannenden Pandemiesituation keine Wettkämpfe stattfinden konnten, entwickelten kreative Köpfe das Konzept der „virtuellen Läufe“. Hier lief man entweder auf der Originalstrecke oder wo man wollte in einem vorgegebenen Zeitraum; alleine oder mit Sicherheitsabstand.

Meine ersten drei virtuellen Läufe waren:

10. April der RUNANALYZE Easter Run (5 km)
alleine in Stegen (Dreisamtal). Eine Strecke, die ich bis dato sehr selten unter Wettkampfbedingungen lief. Am Ende kam eine 25:40 (Pace 5:08) heraus. Diese persönliche Bestzeit sollte bis in den Herbst 2023 stehenbleiben
Runalyze Virtual Easter Run 5 Kilometer Stegen (April 2020)

13. April der RUNANALYZE Easter Run (10 km)
mit Flo (Mastermind von Freiburg Run), den ich bei den Testläufen zum parkrun kennenlernte, in Freiburg-Ebnet (Dreisamtal). Ungewohnt mit einem schnellen Läufer unterwegs zu sein, lag ich lange auf Kurs persönliche Bestzeit, aber auf den letzten Kilometern ging mir dann die Puste aus. Am Ende landete ich bei 54:30 (pace 5:27) meine viertbeste Zeit über die zehn Kilometer. Wir sind bis heute gut befreundet und haben viele gemeinsame parkruns und andere Aktivitäten absolviert.
Runalyze Virtual Easter Run 10 Kilometer Ebnet (April 2020)

26. Juni Virtueller Schwarzwaldmarathon (10,2 km)
alleine gelaufen auf der Originalstrecke in Bräunlingen. Hier hatte ich damals meinen zweiten Wettkampf überhaupt absolviert und den Laufvirus so richtig aufgesogen. Auch hier lief es richtig gut und ich blieb am Ende über eine Minute unter meiner Zeit von der ersten Teilnahme. Die Uhr blieb im Ziel bei 58:16 (5:42) stehen.
Virtueller Schwarzwaldmarathon 10 Kilometer Bräunlingen (June 2020)

Die zweite Jahreshälfte 2020 sollte in vielerlei Hinsicht mein Leben grundsätzlich verändern.