Der Denzer Cup 2018 war Geschichte und es war noch knapp ein Monat Zeit bis zum Jahreshighlight: der ersten Teilnahme an einem Halbmarathon in Bräunlingen.
Der treue Leser weiß, dass es nicht der erste Versuch war einen Halbmarathon zu absolvieren. 2016 schlug der Verletzungsteufel drei Wochen vor dem großen Tag zu und ein Fersensporn setzte mich für mehrere Monate außer Gefecht. Da der Spätsommer relativ laufarm – im Juli und August insgesamt nur zwei Läufe über 15 Kilometer – war, begann die eigentliche Vorbereitung für den Halbmarathon erst nach dem Stauseelauf in Vöhrenbach.
Da Anfang Oktober die übliche Geschäftsreise nach Norwegen auf dem Programm stand und ich quasi erst zwei Tage vor dem Halbmarathon zurückreisen würde, musste ich in einem relativ begrenzten Zeitfenster ein großes Kilometerpensum abspulen. Auch wenn das sicherlich nicht in den gängigen Trainingsplänen steht, absolvierte ich innerhalb von elf Tagen drei längere Läufe. Zwei Wochen und einen Tag vor dem Halbmarathon (am Tag vor der Abreise nach Bergen) lief ich dann erstmals die Distanz von 21,2 Kilometer (2:14:13).
Der Test-Halbmarathon lief prima und da die Strecke derjenigen von Bräunlingen nicht unähnlich war, stieg ich optimistisch ins Flugzeug gen Norden. Dort absolvierte ich vier weitere Einheiten (10, 13, 6 und 6 Kilometer) wobei die beiden Letzten im norwegischen Gebirge aufgrund von garstigem Wetter und Höhenmetern nicht wirklich toll verliefen. Trotzdem kann ich Läufe während Geschäftsreisen sehr empfehlen, da man nach harten Tagen prima runterkommen kann.
Da ich den Halbmarathon richtig genießen und am Sonntag möglichst stressfrei ankommen wollte, fuhr ich schon am Samstagmittag nach Bräunlingen, um Startnummer und Starterpäckle abzuholen. Ich erledigte das Ganze rechtzeitig vor dem Start des Zehnkilometer-Laufes, der doch auch immer ein große Anzahl von LäuferInnen anlockt. Ich bekam die Nummer 1522 und interpretierte diese als gutes Omen: Zweierkombinationen sind immer gut…
Am Sonntag verlief dann auch alles wie geplant stressfrei: kein frühes Weckerstellen, letzte Nahrungsaufnahme in der Nacht, gemütlicher Kaffee und eine ruhige Fahrt (Dreiviertelstunde) nach Bräunlingen. Die Parkplatzeinweisung vor Ort war sehr routiniert und ich konnte mein Auto etwa zehn Minuten vom Startgelände abstellen. Das Wetter kann Mitte Oktober im Schwarzwald schon die ein oder andere Kapriole schlagen, aber 2018 waren uns die Wettergötter gewogen: Perfektes Laufwetter bei strahlendem Sonnenschein. Deshalb fiel die Wahl dann auch entgegen der ursprünglichen Planung (in Norwegen lief ich durchgängig lang-lang mit Jacke) auf kurz-kurz.
Vor dem eigentlichen Startschuss hatte ich noch reichlich Zeit die Atmosphäre und das Drumherum in Bräunlingen aufzusaugen. Der Schwarzwaldmarathon ist einer der traditionsreichen Veranstaltungen. Natürlich ist der Lauf deutlich kleiner als die Großveranstaltungen in den Metropolen, aber doch groß genug, um vor dem Start nicht meinen Kumpel J. zu finden. Kumpel J. kennt ihr schon von dem ein oder anderen Laufbericht des Sommers. Wir sind in der Regel im gleichen Leistungsspektrum unterwegs, zuletzt in Vöhrenbach war J. aber schneller als ich.
Als ich den Halbmarathon vor zwei Jahren mit meiner Kollegin laufen wollte, setzten wir uns eine Zeit zwischen 2:15 und 2:20 zum Ziel. Aufgrund der Zeit beim „Testhalbmarathon“ vor der Norwegenreise peilte ich die 2:15 Marke an – und ignorierte die „unter zwei Stunden“ Kommentare der Strava-Freaks.
Am Start war ich also allein, aber ein paar Familienmitglieder und wohl auch der treue MTBler Peter mit dem Fotoapparat würden wohl irgendwo unterwegs auftauchen. Der Halbmarathon Bräunlingen hat für meinen Geschmack ein sehr angenehmes, um nicht zu sagen, ideales Profil. Zwar sind zwischen Kilometer 2 und 12 knapp 200 Höhenmeter zu überwinden, aber die Steigungsprozente sind durch und durch moderat. Und ab Kilometer 12 beim Dorf Unterbränd geht es nur noch bergab.
Um Punkt Zehn wurden dann die über 1000 TeilnehmerInnen am Halbmarathon und an der Staffel auf die Reise geschickt. Wie üblich startete ich ziemlich weit hinten im Feld. Zum Einen passt das zu meinem üblichen Leistungsniveau und zum Anderen kann ich mich in Ruhe nach Gusto im Feld einreihen. Im Stadtbereich Bräunlingen waren relativ viele Zuschauer an der Strecke und als besonderes Highlight trat der Pfarrer vor die Kirche und feuerte uns an.
Natürlich hatte ich vor dem „ersten Mal“ diverse Berichte und Trainingspläne gelesen. Deshalb war ich mir sehr bewusst, dass man beim Halbmarathon nicht blind ins Verderben rennen sollte. Der Lauf ist halt nicht nach einer Stunde sondern erst nach über Zweien vorbei. Dementsprechend kontrolliert ging ich den Halbmarathon dann auch an. Die flachen ersten drei Kilometer wurden also in einer Pace von knapp über sechs Minuten absolviert.
Die Strecke führt zuerst durch die Stadt Bräunlingen und dann Richtung Norden durch das breite Tal der Breg. Hier ist man verführt schneller zu laufen als man als Halbmarathonneuling sollte. Im Dorf Bruggen passiert man dann die erste größere Zuschaueransammlung nach dem Start. Kurz hinter dem Dorf knickt die Strecke nach Westen ab und das Terrain wird etwas hügeliger: Wir verlassen geographisch gesehen die Baar und nähern uns mit jedem Schritt dem Schwarzwald an. Der vierte Kilometer des Halbmarathons mit einer Steigung von 1,3 % repräsentiert diesen Übergang perfekt.
Bei Kilometer Fünf erreicht die Strecke erstmals den Waldrand und hinter den Läufern liegt der erste richtige „Hügelkilometer“ (2,7 % Steigung). Mit diesen Steigungsgraden ging es dann die nächsten fünf Kilometer in etwa weiter. Wie bereits am Anfang erwähnt, sind die Steigungen beim Bräunlinger Halbmarathon keine Rampen wie bei manchen Läufen des Denzer Cups. In dieser Phase fühlte ich mich weiterhin sehr gut und konnte ziemlich konstante Kilometerzeiten (6:18, 6:18, 6:10, 6:14 und 6:23) abspulen.
Das Feld hatte sich mittlerweile doch sehr in die Länge gezogen und das Rennen wurde deutlich einsamer. Ich war auf diesem Abschnitt auch nicht mit einer Gruppe Gleichschneller unterwegs, hatte aber Dank meiner Polar einen ganz guten Anhaltspunkt wie es bei mir läuft. Seit Kilometer Sieben befanden wir uns übrigens komplett im Wald. Diese Rennphase im Wald kann etwas eintönig wirken, da sich auch die Zuschauer rar machen. Hier befindet sich auch die erste Verpflegungsstation, die ich aber nicht in Anspruch nahm.
Nach elf Kilometern erreichten wir die Unterbränder Straße südlich von Mistelbrunn und plötzlich befand ich mich in Gesellschaft von einem halben Dutzend LäuferInnen, die in etwa mein Tempo gingen. Da inzwischen die Hälfte des Rennens absolviert war, konnte ich mich vor dem letzten kleinen Anstieg des Halbmarathon etwas treiben lassen. Wenig später verabschiedeten wir uns dann von den Marathonläufern und bei Kilometer 12,5 war mit 885 Metern Meereshöhe der höchste Punkt des Halbmarathons erreicht.
Da das Profil ab Kilometer Neun wieder deutlich flacher wurde, lief ich automatisch auch wieder schneller. Die Pace lag aber weiterhin knapp über sechs Minuten und ich errechnete eine Zielzeit von 2:10/2:15 (kleiner Einbruch einkalkuliert). Da jetzt schon 12,5 Kilometer abgespult waren und die Beine sich noch bestens anfühlten, konnte man es auf dem Weg runter nach Unterbränd gut laufen lassen. Die Pace blieb erstmals seit Kilometer Zwei unter sechs Minuten (5:50).
Die Passage von Unterbränd ist eines der Highlights des Schwarzwaldmarathons: viele Zuschauer, Blasmusikkapelle und eine Stimmung, die neue Kräfte freisetzt. Hier wartete auch meine Verwandschaft und es entstanden ein paar schöne Fotos. In diesem Rennabschnitt traf ich dann auch plötzlich auf meinen Kumpel J., der sich bisher vor mir im Rennen befand. Im Bereich Unterbränd und Kirnbergsee waren wir dann für ein paar Kilometer zusammen unterwegs.
Die Zeit verging oder besser verlief wie im Flug und bei Kilometer 14,5 passierten wir bereits den See. Nur noch sechseinhalb Kilometer bis zum Ziel. Meine Pace (es ging bergab!) lag inzwischen bei etwa 5:30 und ich zeigte weiterhin keine Ermüdungserscheinungen. Im Kopf dominierten jetzt die Gedanken, dass das heute was wird mit der Erfüllung des Läufertraums. Nun ging es aus dem Waldhauser Weg weiterhin schön bergab dem letzten Dorf vor Bräunlingen entgegen.
Kurz nach Kilometer 17 und dem Verlassen des Waldes stand plötzlich der treue MTBler Peter mit der Kamera an der Strecke. Da er ein sehr großer Motivator ist, wurden erste Ermüdungserscheinungen (Pace wurde langsamer – 5:33, 5:40, 5:46, 5:49) noch einmal einen Kilometer nach hinter geschoben. Das Waldhauser S ist auch eine sehr schöne Passage beim Schwarzwaldmarathon, da es hier nochmals reichlich Zuschauer gibt. Das Ende des „S“ bedeutete auch den Anfang des Brändbachtals und am Ende des Tals war bereits der Bräunlingen Kirchturm sichtbar!
Mit anderen Worten noch etwas mehr als drei Kilometer bis zum Ziel. Die letzten drei Kilometer der Strecke sind leicht abfallend (rund ein Prozent Gefälle), aber einige LäuferInnen mussten den Anstrengungen nun Tribut zollen. Für einen Tag im Oktober war es auch sehr warm und einige waren im tiefroten Bereich. Mein Zustand war in Ordnung, aber die Pace wurde deutlich langsamer. Hätte ich die Pace von 5:30 gehalten, wäre sogar eine Zeit von 2:05 möglich gewesen, aber ich konnte ab Kilometer 19 die sechs Minutenpace nicht mehr halten.
Egal, denn das ersehnte Ziel kam mit jedem Schritt näher und ich überholte auf den letzten beiden Kilometern noch einige andere Läuferinnen. Vom Ortsrand Bräunlingens bis zur Zielfahne war noch genau ein Kilometer zurückzulegen. Nun hieß es durchhalten und ganz am Ende genießen. Kurz vor dem Ziel stand dann wieder die Familie an der Strecke und nach 2:07:20 fiel für mich der Vorhang. Ich hatte es geschafft! Nach dreieinhalb Jahren Laufsport war ich Halbmarathonfinisher!
Im Ziel war ich zwar gezeichnet und platt, aber nach kurzer Zeit wieder aufnahmefähig und vor allem hungrig. Mit der Familie gab es noch ein gemütliches Beisammensein, aber da ich sonst keine Bekannten erspähen konnte, verabschiedete ich mich schon relativ bald aus Bräunlingen. Der Mann mit dem Hammer kam dann interessanterweise erst drei Stunden nach dem Zieleinlauf zuhause auf dem Sofa: hämmerndes Kopfweh und totale Erschöpfung. Vermutlich hatte ich während des Ganzen dann doch deutlich zu wenig getrunken?
Fazit:
Es war toll und es war auch die richtige Entscheidung den ersten Halbmarathon in die Heimat und nicht in die Stadt (beispielsweise Freiburg) zu legen. Die Unterstützung der Familie und Freund Peter sowie die bekannte Umgebung waren sicherlich mit für das gute Resultat verantwortlich. Freilich ist der Schwarzwaldmarathon auch bestens organisiert und verfügt über genau die richtige Größe. Man ist weder total allein unterwegs, noch tritt man sich kilometerlang auf die Füße. Da es bei Wiederanmeldung fürs Folgejahr einen satten Rabatt gab, tat ich genau dies. See you again in 2019, Briilingä?
Fakten:
- 21,1 Kilometer Rundkurs (Waldwege, Feldwege, teilweise asphaltiert)
- 249 Meter Höhendifferenz
- Höchster Punkt: 885 m
- Tiefster Punkt: 692 m
- Automatische Zeitmessung
- Verpflegung unterwegs und bei Start/Ziel
- Ausreichend angewiesene Parkplätze bei Start/Ziel
- Startgebühr zwischen € 18 und € 40 (je nach Anmeldedatum)
Ausrichter: LSG Schwarzwald-Marathon e.V.
Ergebnis Frauen:
1. Christin WINTERSIG (1:28:55)
2. Melanie Schneider (1:29:33)
3. Laura Pauli (1:33:55)
Ergebnis Männer:
1. Omar TAREQ (1:11:58)
2. Alexander Grigo (1:14:37)
3. David Jansen (1:17:51)
Mein Ergebnis:
– 2:07:20 (brutto, manuell) / 2:07:16 (netto, offiziell)
– Pace 6:02
– Altersklasse 67. von 80 Teilnehmern
– Insgesamt 655. von 908 TeilnehmerInnen
18/09/2019 at 22:06
Comme toujours très jolie 🙂
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18/09/2019 at 22:08
Merci beaucoup!
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22/09/2019 at 22:33
Glückwunsch zum HM Debüt! Wieder sehr anschaulich beschrieben👍🏻 Wenn es nicht immer so weit raus wäre zu Euch nach Finsterwalde, müsste ich mir das ja doch fast mal angucken kommen…
Zu Deinem Erlebnis nach dem Lauf kann ich nur sagen:
Immerhin kam nur der Mann mit dem Hammer und nicht der Kotzanfall wie bei meinem ersten Mal😂
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23/09/2019 at 09:35
Danke 🙂 Auch wenn es schon länger her war, ist alles noch gut in Erinnerung. Südlich von Stuttgart zu uns ist echt kein Problem, aber aus dem Norden ist es ein Murks.
So schlecht war es mir bisher nie. Nur ab und zu Sodbrennen, wenn nicht ganz nüchtern oder halt Kopfweh.
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11/10/2019 at 18:47
Klasse! Herzlichen Glückwunsch!
Bräunlingen steht wieder vor der Tür! Läufst Du wieder mit?
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11/10/2019 at 19:00
Werde es versuchen. Vorbereitung leider sehr bescheiden wegen Krankheit.
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