Der große Tag war gekommen: Der Titiseelauf – mein erstes Rennen als Läufer stand auf dem Programm. Mein letzter sportlicher Wettkampf war wohl in der Oberstufe vor knapp zwanzig Jahren. Ich war nervös, ich war gespannt, aber vor allem war ich total neugierig auf das was da auf uns zukommen würde.
Ich hatte mich mit meiner Kollegin und ihrem Mann auf 9:15 (45 Minuten vor dem Start verabredet) auf dem Parkplatz beim Strandbad verabredet. Die Beiden hatten schon mehrere Rennen absolviert und kamen mir bereits mit ihren Startnummern entgegen. In einem Nebenraum vom Strandbad Titisee bekam ich gegen Bezahlung von acht Euro die Nummer 593 und vier Sicherheitsnadeln überreicht. Ich hatte Probleme die Nummer „beim ersten Mal“ zu befestigen, aber bekam schnell Hilfe von Laufveteranen.

Die Zeit bis zum Start verging schnell und ich kann mich an keine besonderen Details mehr erinnern. Mit meinen beiden Mitläufern hatte ich vereinbart, dass jeder sein eigenes Tempo laufen würde. Ich ging davon aus, dass sie beide deutlich schneller als ich sein würden. Insgesamt waren für einen lokalen Volkslauf die beachtliche Zahl von 125 LäuferInnen am Start. Logischerweise reihte ich mich zusammen mit meinen Mitläufern in hinterster Front ein – ich wollte ja niemandem im Weg stehen.
Der Start erfolgte mit einer viertelstündigen Verspätung, da man erst den Linienbus passieren lassen musste. Der Rest der Strecke war dann natürlich für jeglichen Verkehr gesperrt. Es ging los und ich blieb nach dem Start auf einer Höhe mit meinen beiden Mitläufern. Da es sich bei der Strecke des Titiseelaufs mehr oder weniger um meine reguläre Trainingsstrecke handelt, hätte ich die Steigung auf den ersten 1500 Metern nicht als solche bezeichnet. Meine beiden Mitläufer aus dem Flachland sahen dies allerdings anders. Ich lief einfach meinen Stiefel runter (plus die übliche Extraeuphorie beim Rennen), während sie aus ihrer Sicht gleich in „den Berg“ laufen mussten und einen Ganz runterschalten mussten. Ich konnte meiner Polar M400 nicht ganz glauben, da sie anzeigte, dass ich mich auf Rekordkurs befinde. Meine Pace war konstant zwischen 5:18 und 5:38 und als wir bei Kilometer 2,4 die Hauptstraße verließen, befand ich mich in einer kleinen Gruppe mit Läuferinnen, die sich auf meinem Laufniveau bewegten.
Beim Abstieg zum Seebach fiel ich ans Ende der Gruppe zurück, aber beim folgenden kurzen, aber knackigen Anstieg konnte ich wieder einige Läuferinnen einholen. Bei diesem Anstieg geht es auf knapp 300 Meter Länge einen Naturpfad steil bergauf. Oben angekommen wusste ich, dass ich ins Ziel kommen würde und der Blick auf die Uhr deutete weiterhin in Richtung Wahnsinnszeit. Das Adrenalin begann zu wirken und von nun an lief ich an oder oberhalb meiner normalen Leistungsgrenze. Ich biss mich am Ende der Gruppe fest und lief weiterhin mit einer Pace um 5:30. Als es zwischen Kilometer 5 und 6 wieder ein bisschen bergauf ging, musste ich ein bisschen kämpfen und lief im Bereich 5:45/5:50.
Als der Seehof und damit der letzte Kilometer erreicht war, hatte ich nur noch eine Läuferin in unmittelbarer Nähe. Beim Einbiegen auf die Seestraße (Fußgängerzone) zog sie das Tempo nochmals merklich an und ich probierte irgendwie zu folgen. Nach dem Fußgängertunnel am See waren wir immer noch Seite an Seite. Bei der letzten kleinen Steigung zum Kurpark wurde die Läuferin durch ihre Kinder angefeuert, aber irgendwie wurde auch ich dazu motiviert einen Endspurt zu machen und die letzten Reserven zu mobilisieren. Tatsächlich kam ich dann ein paar Meter vor meiner „Lokomotive“ ins Ziel. Für den letzten Kilometer brauchte ich nur unglaubliche fünf Minuten! Im Ziel gab es dann ein Schulterklopfen meiner Kontrahentin und keinerlei böses Blut – Ich fühlte mich wie in einer anderen Sphäre: Glückshormone ohne Ende und eigentlich gar nicht mal erschöpft. Ich hätte die Welt umarmen können! Und der Blick auf die Uhr war auch irgendwie irreal. Ich hatte mit einer Zeit unter 45 Minuten geliebäugelt, kam aber nach genau 41 Minuten ins Ziel. Wahnsinn wie mich die Rennatmossphäre und die anderen Läuferinnen (Läufer sah ich nach der Startphase keine mehr) beflügelt hatten.

Ich wartete mit einem Erfrischungsgetränk auf meine Kollegin und ihren Mann. Sie liefen in der Fußgängerzone mindestens 300 Meter in die falsche Richtung und hatten außerdem mit den Steigungen Probleme. Trotzdem fanden sie den Titiseelauf klasse und möchten bei der nächsten Austragung wieder kommen. Im Zielbereich spielte die Blasmusik und wir feierten meine Wandlung von der XXL-Couchpotato zum Titiseelauf-Finisher mit einem leckeren Grillsteak und Zäpfle Radler. Dabei lernte ich zwei Läuferinnen von der Baar kennen, die den Titiseelauf als Generalprobe für den 10 Kilometer Lauf in Bräunlingen nutzen. 10 Kilometer Lauf in Bräunlingen? Hmm…

Fazit:
Der Titiseelauf ist – inzwischen war ich bei über zehn Rennen am Start – ein schöner, ruhiger Volkslauf in herrlicher Schwarzwaldlandschaft. Es gibt weder eine Tüte mit Goodies (und Werbemist) noch einen Chip zur Zeitenmessung. Aber das braucht dieser Lauf mit seiner familiären Atmosphäre auch nicht. Der Lauf findet in der Regel Mitte September nach Ende der Sommerferien statt und eignet sich daher gut als Vorbereitung für die Läufe in Bräunlingen.
Fakten:
- 7,5 Kilometer Rundkurs (Asphalt, Feldwege)
- 125 Höhendifferenz
- Höchster Punkt: 875 m
- Tiefster Punkt: 840 m
- Manuelle Zeitmessung (kein Chip)
- Keine Verpflegung unterwegs, aber bei Start/Ziel
- Parkplatz „am Strandbad“ (direkt am Start) oder am Ortseingang gegenüber vom Hotel Rauchfang (5 Minuten vom Start). Bahnhof Titisee etwa 10 Minuten vom Start.
- Startgebühr von € 8 direkt bei der Abholung der Startnummer zu bezahlen
- Ausrichter: WSV Titisee (2016 fiel der Lauf wegen einer Baustelle aus)

Ergebnis Frauen:
1. Karin ZINGG (29:55)
2. Julia HARTMANN (30:34)
3. Johanna KNÖPFLE (31:11)
Ergebnis Männer:
1. Ablelom KUFULU (24:23)
2. Joaquim MARTINS (25:05)
3. Lukas ROMBACH (25:10)
Mein Ergebnis:
– 41:06 (brutto, manuell) / 41:00 (netto)
– Pace 5:37
– Altersklasse 13. von 13 Teilnehmern
– 100. von 124 TeilnehmerInnen
Update 20. August 2019:
Wie mir der austragende WSV Titisee schriftlich mitteilt, „wird (der Lauf) leider zukünftig nicht mehr stattfinden, da es trotz alledem zu viele Faktoren (Wegerechte, Genehmigungen, usw.) gibt, die diesen unmöglich machen.“
25/01/2017 at 17:36
Oh ja, der Titiseelauf. Da hätte ich auch mal wieder Lust drauf. Einer meiner ersten „offiziellen“ Läufe; 2014 muß das gewesen sein.
Alles sehr unkompliziert.
ZZ können Sie ja über den See laufen, statt drum herum;-)
Viel Spaß und Gruß aus Freiburg!
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25/01/2017 at 20:09
Ist leider nicht sicher ob er 2017 wieder stattfindet. Die Baustelle ist wohl wieder ein Absagegrund.
Aber ich stimme zu, der Titiseelauf ist ein idealer Lauf für Einsteiger.
Momentan kann man tatsächlich gut über den See laufen. Wäre nur an der Mündung des Seebachs etwas vorsichtig.
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